Saatgut vermehren: Was bedeutet es, Vermehrer zu sein?

Gesundes und hochwertiges Saatgut ist die Basis für die Herstellung ebenso hochwertiger Lebens- und Futtermittel. Dieses zertifizierte Z-Saatgut einer gezüchteten Sorte herzustellen ist eine besondere Aufgabe, die von Landwirten wahrgenommen wird, die sich als Vermehrer engagieren.

Diese Landwirte als Vermehrer von Saatgut sind damit unverzichtbar: Sie stellen sicher, dass das erste Saatgut aus dem Zuchtgarten des Pflanzenzüchters als Vorstufensaatgut zu Basissaatgut und schließlich zu Z1-Saatgut vermehrt wird, welches andere Landwirte als „Endverbraucher“ auf Ihren Feldern für die Produktion einsetzen können.

Wie funktioniert Saatgutvermehrung?

Die Saatgutvermehrung ist ein Verfahren, das nach strengen Vorgaben zur Qualitätssicherung durchgeführt wird. Beteiligt an diesem Prozess sind insbesondere die Pflanzenzüchter, die Vermehrer mit ihren Vermehrungsbetrieben sowie die Vertriebsorganisations-Firmen (VO). Dabei müssen alle an der Vermehrung des Saatguts Beteiligten die Anforderungen erfüllen. Nur im optimalen Zusammenwirken von Züchter, Vermehrer und VO wird sichergestellt, dass hochwertiges Z-Saatgut produziert wird, auf das sich die Getreideanbauer verlassen können.

Saatgut vermehren: Welche ackerbaulichen Anforderungen müssen Vermehrer erfüllen?

Die Herstellung von hochwertigem Z-Saatgut ist mit besonderen ackerbaulichen Anforderungen verbunden, über die man sich als Vermehrer im Klaren sein muss. Nur so ist es möglich, die hohen Qualitätsstandards von Z-Saatgut auch zu erreichen.

Die Anforderungen bei der Vermehrung liegen somit höher als die in der regulären guten fachlichen Praxis und die tolerierbaren Schadschwellen sind vor allem bei Unkräutern und samenbürtigen Pflanzenkrankheiten verschärft.

Hier die wesentlichen ackerbaulichen Anforderungen an Vermehrer im Überblick:

– Auswahl der geeigneten Betriebsflächen
Die Vermehrung darf nur auf den eigenbewirtschafteten Flächen stattfinden. Dabei sollten mögliche Problemflächen unbedingt von Anfang an ausgeschlossen werden. Darüber hinaus sind vorgeschriebene Fruchtfolgen zu beachten. So ist zum Beispiel Getreidevermehrung nur nach einer Blattvorfrucht möglich.

– Trennstreifen und Mindestentfernungen
Bei den Vermehrungsflächen für Saatgut ist auf eine klare Trennung zu den benachbarten Schlägen und Konsumflächen zu achten. Trennstreifen von mindestens 40 cm verhindern so bei der Ernte eine mechanische Vermischung. Bei Fremdbefruchtern sind zudem Mindestentfernungen zu benachbarten Beständen einzuhalten. Die Vorgaben richten sich individuell nach den Sorten und dem zu erzeugenden Saatgut (Vorstufensaatgut, Basissaatgut, Z bzw. Z1 oder Z2-Saatgut).

– Unkräuter und Pflanzkrankheiten minimieren
Im Ackerbau muss sichergestellt werden, dass der zur Vermehrung heranwachsende Bestand soweit wie möglich frei von Unkraut und Pflanzenkrankheiten gehalten wird. Hierbei gelten strengere Anforderungen als für Konsumflächen. Auch eine manuelle Bereinigung der Feldbestände von Unkräutern wie Flughafer ist in aller Regel notwendig.

– Reinigung und Sauberkeit der Maschinen
Um Sortenvermischungen zu vermeiden, sind Sähmaschinen vor dem Einsatz unbedingt zu reinigen. Gleiches gilt für Erntemaschinen, um Verunreinigungen zu verhindern: Mähdrescher und Transportfahrzeuge sind entsprechend zu säubern und vorzubereiten.

– Kennzeichnung von Vermehrungsflächen
Feldschilder müssen die Vermehrungsflächen klar ausweisen. Sie bezeichnen Fruchtart, Sorte bzw. Sortennummer, Bezeichnung des Schlags, Schlaggröße, Antragsteller und Daten zum Vermehrer.

Saatgut vermehren: Feldanerkennung durch amtlich verpflichteten Feldanerkenner.

Vermehrungsflächen dürfen nicht einfach geerntet werden, sondern müssen eine Feldanerkennung durchlaufen. So ist vor der Ernte des Saatguts durch einen amtlich verpflichteten Feldanerkenner die Besichtigung des Feldbestandes durchzuführen. Abhängig von der Vermehrungsstufe und Art der Kultur finden bis zu drei Feldbesichtigungen statt, jeweils zu unterschiedlichen Vegetationszeitpunkten.

Saatgut Qualität sicherstellen: Aufbereitung, Beschaffenheitsprüfung von Proben, Beizung.

Auch nach der Ernte durchläuft das Saatgut einer Vermehrungsfläche viele weitere wichtige Prozesse, um die hochwertige Qualität als Z-Saatgut sicherzustellen. Dazu gehören insbesondere die Aufbereitung des Saatguts, die Beschaffenheitsprüfung aus einer repräsentativen Probe und die Beizung:

– Aufbereitung des Saat- und Pflanzguts
In der Aufbereitung des geernteten Saatguts bzw. Pflanzguts geht es vor allem um Reinigungs- und Trennverfahren, mit denen Staub, ggf. Grannen, Bruchkorn und Fremdsamen von Unkräutern entfernt werden und durch die eine Sortierung nach Mindestkorngröße erfolgt.

Schon bei der Ernte sollte daher darauf geachtet werden, den Mähdrescher optimal einzustellen. Zum Einsatz kommen dann in der Folge zum Beispiel Windsichter zur Vorreinigung, Siebreinigung mit Ober- und Untersieb sowie der Trieur, mit dem Saatgut unterschiedlicher Form voneinander getrennt werden kann. Anschließend können weitere Ausleseverfahren zum Einsatz kommen, zum Beispiel neueste Farbausleser, die auch mit Fusarien befallene Körner oder Mutterkorn Besatz aussondern.

– Beschaffenheitsprüfungen und Probenahmen

Um die Anerkennung des vermehrten Saatguts abzuschließen, ist eine Beschaffenheitsprüfung durch ein akkreditiertes Labor durchzuführen. Nach speziellen Probenahmerichtlinien werden von einem amtlich verpflichteten Probenehmer aus dem Saatgut Proben genommen, analysiert und die Ergebnisse dokumentiert. Wurden die Bewertungskriterien erfüllt, ergeht ein Anerkennungsbescheid zur Beschaffenheit der Saatgutpartie. Jetzt kann das Saatgut gebeizt und verpackt und in den Handel gebracht werden.

– Beizung

Durch die Beizung mit fungiziden Wirkstoffen wird das Saatgut vor samenbürtigen und bodenbürtigen Schaderregern geschützt. Im Prozess der Beizung sind hohe Vorsichtsmaßnahmen und die jeweiligen Anwendungsbestimmungen genau einzuhalten. Darüber hinaus sind Beizprotokolle zu führen, die die Durchführung protokollieren.

– Gleichbleibende Qualität durch QSS Qualitätssicherungssystem

Um eine konstant hohe Qualität von Z-Saatgut sicherzustellen und den Produktionsprozess immer weiter zu verbessern, wird vor allem im Hinblick auf Aufbereitung und Beizung die Teilnahme am Zertifizierungssystem QSS (Qualitätssicherungssystem Z-Saatgut) empfohlen bzw. vorausgesetzt. Ganz klar ist zunächst festzuhalten: Vermehrung bedeutet einen deutlichen Mehraufwand im Vergleich zur Bewirtschaftung von Konsumflächen und ist mit höheren Kosten verbunden. Dazu gehören insbesondere:

– Mehrkosten für den Einsatz von Basissaatgut
– Mehraufwand für die ackerbauliche Hygiene und damit Kosten zum Beispiel für Pflanzenschutzmittel und Arbeitszeit für Bereinigungen der Flächen
– Mehrkosten für den Aufwand für die Maschinenreinigungen von Mähdrescher, Transporttechnik und Drillmaschine je Vermehrungsfläche

Wie das Saatgut, so die Ernte: Vermehrer werden immer gebraucht!

Abschließend lässt sich sagen: Vermehrung von Saatgut ist enorm wichtig und ein Grundpfeiler unserer erfolgreichen Landwirtschaft. Ohne die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Züchtern, Vermehrern und VO-Firmen wäre es nicht möglich gewesen, die Erträge unserer Betriebe in allen Bereichen derart erfolgreich zu steigern.

(Quelle:https://deutsche-saatguterzeuger.de/saatgut-vermehren/)